Arbeitssucht als Gesundheitsproblem

Arbeitssucht als Gesundheitsproblem

Arbeitssucht als Gesundheitsproblem

Süchte sind fast so alt wie die Menschheit selbst. Die Arbeitssucht aber ist wohl erst ein Problem unserer Zeit.

Gemeinhin wandeln sich die Arten der Abhängigkeiten mit der Zeit. Medizinisch definiert ist das Ganze als unabweisbares Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Schätzungen zufolge haben 90 Prozent der Menschen etwas, worauf sie nicht mehr verzichten können: Tabletten, Kaffee, Nikotin, Glücksspiel, Drogen, Internet oder Shopping – die Liste ist sehr lang. Nicht immer wird das Verlangen zum Problem, jedoch lassen einige Süchte die Betroffenen nicht mehr los. Vor der Außenwelt wird das überwiegend versteckt.

Die Arbeitssucht bildet dabei eine Ausnahme, weil sie in der modernen Leistungsgesellschaft als chic gilt.

Werden süchtige Menschen gemeinhin als willensschwach angesehen, so ist das bei der Arbeitssucht genau umgekehrt. Wer viel arbeitet, der gilt als Leistungsträger. Arbeitssucht wird dementsprechend als eine akzeptable Sucht angesehen und weitgehend toleriert.

Doch das ist gerade für die Betroffenen fatal. Die Sucht nach Arbeit ist weit verbreitet, man geht inzwischen von mehr als 15 Prozent der Beschäftigten aus. Als anerkannte Krankheit gilt sie bis heute aber nicht. Dabei sind die Grenzen auch hier fließend. Nicht allein die aufgewendeten Arbeits- und Überstunden sind dabei das entscheidende Merkmal, es ist der Verlust an Kontrolle über den zeitlichen Rahmen. Der so bezeichnete Workaholic arbeitet, um für ihn lästige Situationen besser ausblenden zu können oder, um Konflikte generell zu vermeiden. Es ist also eine gewollte Flucht in die Einsamkeit.

Workaholics scheinen zwar kurzfristig mehr zu leisten, sind aber oft schnell ausgebrannt.

Nicht selten fehlt es ihnen an Effizienz. Zu viel Kraft und Energie fließen in einen unnötigen Perfektionismus. Wer arbeitssüchtig ist, kann in der Regel schwer delegieren, hält sich selten an Arbeitsaufteilungen, zieht alles an sich und setzt andere unter Druck. Das eröffnet ganz schnell auch Räume für unterstützende und aufputschende Mittel. Alkohol, Tabletten und andere Drogen helfen dann, das Umfeld noch besser auszublenden und sich in seine vermeintlich abgeschottete Welt voller Aufgaben und Termine zu vertiefen. Schlafen, Essen und Duschen sind die einzigen Unterbrechungen. Das permanente Verlangen nach Produktivität bestimmt den Alltag und lässt keinen Raum für Entspannung.

Nun ist es leicht, einfach den Arbeitssüchtigen selbst für seinen Zwang verantwortlich zu machen.

Seine Sucht, immer mehr Arbeit zu übernehmen und selbst zu erledigen, kommt sicher so manchem Faulen zugute. Das Erkennen und die Umkehr bedürfen aber einer fairen und intensiven Unterstützung. Hier sind Kollegen und auch Vorgesetzte in der Pflicht. Lediglich Urlaub zu verordnen, ist dabei oberflächlich und auch der falsche Weg.

In Zeiten, wo Homeoffice und mobile Arbeit immer mehr an Bedeutung gewinnen, gilt die Aufmerksamkeit für das heikle Thema der Arbeitssucht umso mehr. Schwieriger einzuschätzen und adäquat darauf zu reagieren, das wird dennoch zur Herausforderung. Die Vermischung von privatem Raum und dienstlichen Aufgaben birgt bisher ungelöste Fragen. Auch deshalb wäre der generelle Rechtsanspruch auf Homeoffice ein fataler Irrweg.

Am 5. Juli ist so ein Anlass, an dem das Thema mal wieder besondere Aufmerksamkeit verdient – es ist der Tag der Workaholics. Weltweit wird die Arbeitssucht auf die Tagesordnung gehoben, um die stetig wachsende Problematik mit ihren gravierenden Folgen ins Bewusstsein aller latent Beteiligten zu rufen.

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Bild von Michael auf Pixabay