Dauerproblematik Überstunden
Die Deutschen machten zuletzt knapp 1,3 Milliarden Überstunden im Jahr, so die offizielle Statistik. Verändert hat sich dieser hohe Wert lange nicht signifikant.
Mehr als die Hälfte davon bleibt ohne Bezahlung. Es ist allerdings zu vermuten, dass die tatsächliche Zahl der geleisteten Überstunden wesentlich höher ist. Dabei stellt sich natürlich die Frage danach, ob es sich auch lohnt, regelmäßig länger zu machen und wo die Grenzen liegen. Wann also beginnt die Überstunde und ist Mehrarbeitszeit das Gleiche?
Die Dauer der zu leistenden Arbeitszeit ist im Arbeitsvertrag bzw. im geltenden Tarifvertrag geregelt. Arbeitszeit ist dabei die Zeit, in der die Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung steht. Ruhepausen werden nicht mitgezählt, dagegen werden Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst insgesamt als Arbeitszeit gewertet. Überstunden sind demnach geleistete Arbeitszeit, die über die normale vertragliche Verpflichtung hinausgeht. Wann die Arbeit zu leisten ist, bestimmt grundsätzlich der Arbeitgeber.
Die Grenze der vertraglich oder tarifvertraglich möglichen Maximalarbeitszeit pro Tag bestimmt das Arbeitszeitgesetz.
Danach darf die werktägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht überschreiten (§ 3 ArbZG). Die Arbeitszeit darf durch Weisung des Arbeitgebers auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von bis zu 6 Monaten ein (Freizeit-) Ausgleich geschaffen wird, so dass die 8 Stunden im Mittel nicht überschritten werden. Sonntagsarbeit ist nur mit Einschränkungen erlaubt. Allerdings gibt es eine Fülle von Ausnahmen und das Arbeitszeitgesetz gilt auch nicht für alle Berufstätigen. So sind leitende Angestellte beispielsweise von diesen Regelungen nicht betroffen. Die Überschreitung der 8-Stunden-Grenze wird in der Regel als Mehrarbeitszeit bezeichnet. Teilzeitbeschäftigte können also erheblich mehr Überstunden ableisten als Vollzeitbeschäftigte, ohne die gesetzliche Arbeitszeitgrenze zu erreichen.
Überstunden und Mehrarbeitszeit sind in der Regel wie normale geleistete Arbeit zu vergüten.
Wo sich im Arbeits- oder Tarifvertrag keine Regelung findet, gilt eine Vergütung in Höhe der Grundvergütung als stillschweigend verabredet (§612 BGB). Einer gesonderten Abrede zur Bezahlung braucht es dann nicht.
Ein Mehrarbeitszuschlag kann nur verlangt werden, wenn dies vereinbart oder betriebs- oder branchenüblich ist. Im alten Arbeitszeitgesetz, das bis 1994 Geltung besaß, war ein solcher sogar noch gesetzlich verbrieft.
Der Anspruch auf Überstundenvergütung besteht nicht, wenn der Arbeitgeber diese nicht angeordnet oder wenigstens geduldet hat. Die Anordnung muss dabei nicht ausdrücklich erfolgen. Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Tätigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen haben will und es von vornherein klar ist, dass dafür die normale Arbeitszeit nicht ausreicht. Der Vergütungsanspruch besteht auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber annehmen durfte, dass der Arbeitnehmer die Überstunden nicht vergütet haben will.
In vielen Arbeitsverträgen findet sich folgende oder ähnliche Formulierung: „Durch das Arbeitsentgelt ist auch die Mehrarbeit abgegolten.“
Diese Formulierung ist wegen ihrer Unklarheit so nicht haltbar. Nach Urteilen des Bundesarbeitsgerichts wird eine Entgeltlichkeit für Überstunden regelmäßig dann bejaht, wenn die Arbeitsleistung im Rahmen des ausgeübten Hauptberufs erfolgt. Etwas anderes gilt aber bei „leitenden Angestellten” bzw. bei „Diensten höherer Art”. Mehrarbeit ist hier mit der im Rahmen des Aufgabenkreises vereinbarten Vergütung regelmäßig abgegolten.
Die Vergütung von Überstunden müssen Beschäftigte einfordern. Zahlt der Arbeitgeber nicht freiwillig, so sehen viele Tarifverträge generelle Ausschlussfristen (3-6 Monate) vor, die ebenfalls für die Überstundenvergütung und die Mehrarbeitszuschläge gelten. Danach ist eine Geltendmachung nicht mehr möglich.
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