Ausschlussklauseln gefährden fast alles
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung knüpft nicht an den mit der Kündigungsschutzklage angestrebten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses an, sondern setzt mit der dafür in § 7 IV BUrlG geforderten Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade das Gegenteil voraus. Will der Arbeitnehmer den Verfall seines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung verhindern, reicht die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht aus. Vielmehr muss den Ausschlussklauseln im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag Rechnung getragen werden. Versäumt man die dort gesetzten Fristen, so ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung weg, obwohl über die Kündigungsschutzklage noch nicht entschieden ist. Das bestätigte zuletzt das Bundesarbeitsgericht in einer entsprechenden Entscheidung (BAG, Az. 9 AZR 531/19).
Das deutsche Recht ist nicht immer ganz einfach zu verstehen. Dazu gehören sicherlich auch die Regelungen zur Verjährung. Dort wird bestimmt, dass Ansprüche nach einer gewissen Zeit nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden können, wenn der Schuldner des Anspruchs die Einrede der Verjährung erhebt und deshalb von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch macht. Dann besteht der Anspruch zwar formal noch fort, er lässt sich aber nicht mehr realisieren. Im Arbeitsrecht gibt es eine ähnliche Regelung, die im Ergebnis aber noch konsequenter ist. Gemeint sind arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln, die sich heute in den meisten Verträgen finden.
Lohnansprüche, Urlaubsabgeltung und Entgeltfortzahlung werden oft durch Ausschlussklauseln befristet
Sogar gesetzlich geregelt findet sich eine solche im Kündigungsschutzgesetz für die Erhebung der Klage. Bei einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist erlöschen die betroffenen Ansprüche oder Rechte gegenüber dem Arbeitgeber komplett, wenn die entsprechende Frist abgelaufen ist. Dann sind alle Ansprüche weg. Fast alle, muss man hier nun einschränken. Denn nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte darf der Anspruch auf den Mindestlohn grundsätzlich nicht von derlei Ausschlussklauseln umfasst sein.
Diese Rechtsauffassung hat das Bundesarbeitsgericht inzwischen bestätigt (9 AZR 162/18). Danach sind arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln, die alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ohne jede Einschränkung erfassen, unwirksam. Nach § 3 Mindestlohngesetz (MiLoG) muss der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn in der Formulierung der Ausschlussklauseln ausgenommen sein. Ist das nicht berücksichtigt und wurde der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 abgeschlossen, sind die vereinbarten Ausschlussfristen insgesamt unwirksam.
Wie die Verjährung auch, so dienen Ausschlussfristen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden im Vertragsverhältnis
Der Arbeitgeber soll damit binnen einer angemessenen Frist wissen können, welche Ansprüche der Arbeitnehmer noch gegen ihn geltend machen könnte. Nach Ablauf der Ausschlussfrist soll er sicher sein, dass keine Ansprüche mehr gegen ihn erhoben werden können. Das ist in jedem Fall bitter, deshalb ist Obacht geboten. Deshalb muss jeder Beschäftigte seinen Arbeitsvertrag und die Nebenbestimmungen komplett kennen.
In vielen Arbeitsverträgen finden sich noch veraltete Formulierungen, die grundsätzlich eine Geltendmachung in „Schriftform“ erfordern. Doch dieses Erfordernis ist mit einer Gesetzesänderung des § 309 Nr.13 BGB bereits zum 01.10.2016 ungültig geworden. Anstelle der formell immer eine Originalunterschrift erfordernden „Schriftform“ (§ 26 BGB), verlangt die nunmehr ausreichende „Textform“ (§ 126b BGB) lediglich einen Hinweis auf dessen Verfasser. Damit sind ab sofort auch Geltendmachungen per Fax oder E-Mail denkbar. Eine klare Erleichterung also.
Werden die nunmehr falschen Hinweise auf eine „Schriftform“ in Alt-Verträgen nicht abgeändert oder mit einem entsprechenden Änderungsschreiben korrigiert, ist eine Klausel zu den Verfallsfristen komplett nichtig und damit unwirksam. An deren Stelle tritt automatisch die reguläre Verjährungsfrist von drei Jahren.
Ausschlussklauseln können eine formlose oder gerichtliche Geltendmachung erfordern, wenn sie einstufig sind
Bei den sogenannten zweistufigen Verfallsklauseln muss der Anspruch, nach erfolgloser Anmahnung, innerhalb einer bestimmten Frist auch gerichtlich geltend gemacht werden. Das Bundesarbeitsgericht hat hinsichtlich der Ausschlussfristen entschieden, dass diese mindestens drei Monate betragen müssen. Alles was darunter festgesetzt wird, ist unwirksam und wird durch die Laufzeit der gesetzlichen Verjährungsfrist ersetzt. Diese beträgt drei Jahre.
Der Beginn einer Ausschlussfrist bemisst sich immer an der Fälligkeit der Ansprüche. Erteilt der Arbeitgeber allerdings eine Lohnabrechnung, so erkennt er damit die Forderung formal an. Auf eine Ausschlussfrist kann er sich hiernach nicht mehr berufen. Dann beginnt vielmehr der Lauf der deutlich längeren Verjährungsfrist.
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