
Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft und Bezahlung
Bei vielen Beschäftigten gehört es zum Alltag, dass sie auf ihren tatsächlichen beruflichen Einsatz warten müssen. Der Bereitschaftsdienst ist klassisch für Krankenhauspersonal, Rettungsdienste und Pflegekräfte. Aber darüber hinaus sind zum Beispiel auch Taxifahrer, der Winterdienst, Verkäufer und anderes Bedienungspersonal regelmäßig in Wartestellung. Dabei gibt es aber durchaus Unterschiede und auch Unsicherheiten in der Praxis, wie diese Situation arbeitsrechtlich zu bewerten ist und ob auch diese Zeiten bezahlt werden müssen.
Bereitschaftsdienst und Mindestlohn
Einen entsprechenden Streitfall hatte das Bundesarbeitsgericht bereits vor ein paar Jahren zu entscheiden (Az. 5AZR 1101/12). Es ging dabei um die Vergütungsnachforderungen einer Pflegehelferin, die im Dienst rund um die Uhr anwesend sein musste. Sie wollte den 24-Stunden-Dienst komplett mit dem hier relevanten Mindestlohn für Pflegekräfte vergütet wissen. Dem entsprach das oberste deutsche Arbeitsgericht.
Die Richter sahen in den Zeiten des Dienstes der Pflegerin, in denen sie nicht aktiv sein musste, einen Bereitschaftsdienst. Dieser zählt als solcher zur Arbeitszeit und ist auch entsprechend zu vergüten. Auch für eine verschiedenartige Behandlung von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst, sahen die Richter keine Veranlassung. Bei beiden Formen ist die Anwesenheit im Betrieb verpflichtend, bei ständiger Einsatzbereitschaft. Diese Zeiten muss der Arbeitgeber immer bezahlen. Lediglich die Höhe der Bezahlung für diese Zeiten kann, soweit vertraglich vereinbart, in der Höhe vom sonstigen Lohn abweichen.
Allerdings ist der Mindestlohn auch hier die verpflichtende untere Grenze.
Vertragliche Vereinbarung ist wichtig
Gibt es weder arbeitsvertragliche noch tarifvertragliche Festlegungen hierzu, sind auch diese Zeiten der Bereitschaft mit dem vollen Lohn zu vergüten. Lediglich die Rufbereitschaft fällt hier aus dem Rahmen. Bei dieser ist die Anwesenheit im Betrieb gerade nicht Pflicht, die Beschäftigten können sich an beliebigen Orten aufhalten. Sie sollen lediglich erreichbar sein. Da man hier nicht von einer vollen Arbeitsbelastung ausgeht, werden diese Dienste oft nicht oder lediglich pauschal vergütet. Aktivzeiten innerhalb der Rufbereitschaft allerdings sind Arbeitszeiten, die regulär zu vergüten sind. Unterste Grenze kann auch hierbei nur der Mindestlohn sein.
In erster Linie sind aber auch hier die Vereinbarungen maßgeblich, die in Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag getroffen worden sind. Ob die Differenzierung gegenüber den anderen Diensten beruflicher Einsatzbereitschaft allerdings immer so klar zu beantworten ist, das konnte auch das vielfach hoch gelobte Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Aktenzeichen C-518/15) zu den Bereitschaftszeiten eines belgischen Feuerwehrmannes nicht überzeugend klären. Unsicherheiten zur Abgrenzung wird es so auch weiter geben. Zur Vergütung schwieg sich das Gericht sogar komplett aus. Dies überließen die Richter der jeweils national zuständigen Gerichtsbarkeit.
Pauschalgehalt als sinnvolle Lösung
Dass Arbeitsbereitschaft ebenso wie der Bereitschaftsdienst eine grundsätzlich vergütungspflichtige Arbeitsleistung darstellt, entschied beispielsweise auch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG Mecklenburg-Vorpommern, AZ: 5 Sa 188/19).
In der konkret behandelten Klage eines Notfallsanitäters waren keine unterschiedlichen Vergütungssätze für Vollarbeit und Bereitschaftsdienst vereinbart, sondern von vornherein ein festes Monatsgehalt. Bei diesem Monatsgehalt war bereits berücksichtigt, dass die Beanspruchung durchaus variieren kann.
Mit einem Anspruch auf höhere Vergütung, weil teilweise die zulässigen Arbeitszeiten auch überschritten wurden, konnte sich der Kläger nicht durchsetzen. Das Gericht betrachtete die Vertragslösung des Arbeitgebers mit dem Pauschalgehalt als zulässige Lösung.