
Das Direktionsrecht und die Überstundenpflicht
Das deutsche Arbeitsrecht ist unübersichtlich geregelt und in vielen Fällen auch schwer zu handhaben. Seine Vorschriften finden sich in verschiedenen Gesetzen. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen verkomplizieren das Ganze mit diversen Sonderregelungen. Nicht von ungefähr gibt es jährlich zehntausende Konflikte aus dem Arbeitsleben, die von den Gerichten entschieden werden müssen. Zu diesen konfliktbeladenen Auseinandersetzungen zählt auch und oft das Direktionsrecht des Arbeitgebers, vielfach auch als Weisungsrecht bezeichnet.
Das Direktionsrecht ist weitreichend
Es ist gesetzlich geregelt in § 106 der Gewerbeordnung. Danach hat der Arbeitgeber das Recht, dem Arbeitnehmer Weisungen zu erteilen und ihn entsprechend der wechselnden betrieblichen Erfordernisse einzusetzen.
Allerdings wird dieses Recht durch § 315 BGB beschränkt und schon ist es kompliziert. Danach findet das Direktionsrecht dort seine Grenzen, wo arbeitsvertragliche Regelungen, höherrangiges Recht oder Beteiligungsrechte des Betriebsrats dem entgegenstehen. Diese gesetzliche Einschränkung spricht vom billigen Ermessen, das der Arbeitgeber unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles und unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat.
Dazu gehören in erster Linie die einschlägigen Grundrechte, aber auch Behinderungen und andere persönliche Besonderheiten. Der Arbeitnehmer muss die Weisungen seines Chefs also nur befolgen, solange diese Grenzen gewahrt bleiben. Werden sie überschritten, ist die Verweigerung der zugewiesenen Aufgaben zulässig. Eine Verpflichtung, gesetzwidrige oder sittenwidrige Aufträge auszuführen, gibt es im Übrigen nie. Die meist wichtigsten Grenzen finden sich im Arbeitsvertrag und auch schon in der Stellenausschreibung. Zur Konkretisierung der Arbeitsaufgaben benutzen viele Arbeitgeber heute zusätzlich Stellenbeschreibungen.
Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen
Lediglich bei außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Notfällen ist der Arbeitnehmer ausnahmsweise verpflichtet, auch Tätigkeiten auszuüben, die nicht zu seinem Aufgabengebiet gehören oder Erweiterungen seiner Arbeitszeit zu dulden. Das Direktionsrecht umfasst im Notfall also auch die Anordnung von Überstunden. Der Grund für die Befolgung derartiger Weisungen liegt in der Treuepflicht der Beschäftigten zu ihrem Arbeitgeber begründet. Diese darf allerdings nicht zum Dauerfall ausgenutzt werden.
Droht dem Arbeitgeber in Folge wirtschaftlich schwieriger Rahmenbedingungen ein erheblicher Schaden, der auf andere Weise nicht abgewendet werden kann, ist die Anordnung von Überstunden demnach legitim. Natürlich kann deren zeitlicher Rahmen auch nicht über Gebühr ausgedehnt werden. Die absoluten Grenzen setzt auch hier zwingend das Arbeitszeitgesetz.
Besteht keine arbeits- oder kollektivvertragliche Regelung zur Bezahlung der Überstunden im Betrieb, dann kann der Arbeitnehmer grundsätzlich seine Grundvergütung auch für die geleisteten Überstunden verlangen. Einer gesonderten Abrede zur Bezahlung braucht es dann nicht.
Besondere Ereignisse erfordern folglich auch besondere Maßnahmen. Die Anordnung von Überstunden dürfte dabei eines der kleineren Übel sein. Soweit man damit auch seinen Beitrag zum Erhalt von Betrieb und Arbeitsplatz leisten kann, sollten persönliche Befindlichkeiten getrost hintenangestellt werden.
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