Wenn das Arbeitszeugnis zur Kampfzone wird

Wenn das Arbeitszeugnis zur Kampfzone wird

Wenn das Arbeitszeugnis zur Kampfzone wird

Immer wieder gibt es Streit ums Arbeitszeugnis. Meist sind es Formulierungen, um die gerungen wird. Auch angebliche Geheimcodes der Chefs haben schon Gerichte beschäftigt, wenn der oder die Beurteilte sich diffamiert fühlte. Die Erstellung ist also für Arbeitgeber nicht unbedingt immer ein Bedürfnis. Vielmehr gilt das Arbeitszeugnis überwiegend als unbeliebt und lästig. In der Bewerbungspraxis wird derlei Verbaleinschätzung ohnehin seit langem überbewertet.

Welche Ausartungen das Thema annehmen kann, darüber hatte vor einiger Zeit auch das Arbeitsgericht in Köln zu befinden:

Ein Arbeitgeber war dort zur Erstellung eines Zeugnisses verurteilt worden, unter Androhung von Zwangsgeld bzw. Erzwingungshaft bei Nichterstellung. Daraufhin verfasste er Folgendes: „Frau H war bei uns als Gebäudereinigungskraft, speziell im Objekt A , eingesetzt. Geschlechter bezogen war Frau H sehr beliebt. Ihre Aufgaben hat Frau H nach Anweisungen sehr bemüht erledigt. Die Anstrengungen Ihrer Tätigkeit hat Frau H sehr regelmäßig mit Schöpferpausen bedacht und Ihre Arbeitszeiten nach Ihren Anforderungen ausgeführt. Wir wünschen Frau H für die Zukunft alles Gute.“ Doch das kam nicht wirklich gut an. Die nächste Instanz verstand das nicht als Arbeitszeugnis, sondern als Provokation.

Der Arbeitgeber musste sich also nochmal damit befassen…

Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass es immer wieder an versteckten Botschaften liegt, entzündet sich der Streit doch oft an deutlich ausgewiesenen negativen Formulierungen. In der Bedeutung noch übertroffen werden diese allerdings noch von Aussagen des Arbeitgebers, die er gar nicht erst schriftlich fixiert. Juristen nennen so etwas beredtes Schweigen und meinen damit, dass wichtige Bewertungen im Zeugnis einfach fehlen.

Um dem drohenden Ärger mit dem Arbeitsgericht von vornherein aus dem Weg zu gehen, werden einfach die Punkte weggelassen, bei denen der Arbeitnehmer schlecht abschneidet. Denn bereits die gesetzliche Regelung zum Zeugnis untersagt, Verschlüsselungen zu gebrauchen.

Der gesetzliche Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ist in § 109 Gewerbeordnung (GewO) für Arbeitnehmer und in § 630 BGB für sonstige Dienstverpflichtete geregelt. Danach hat jeder Beschäftigte ein Recht auf ein Zeugnis, sobald er das Unternehmen verlässt oder seinen Arbeitsplatz wechselt. Doch was haben diese Bewertungen für einen Sinn, wenn darin nur Unverfängliches stehen soll und stehen darf. Auf der anderen Seite erwarten Personalchefs innerhalb einer Bewerbung auch Zeugnisse früherer Arbeitgeber. Das, obwohl die überwiegende Zahl der Unternehmen in Deutschland die Verfassung von derlei Bewertungen als zeitraubend und belastend empfindet.

Da ist der schnelle Griff zu den bequemen Textvorlagen schon fast die Regel.

Das Ganze wird angepasst und minimal umformuliert. Schlussendlich gleicht heute ein Zeugnis dem anderen. Natürlich genügt es so den Anforderungen der Rechtsprechung, aber es trifft keine tatsächliche Aussage und Bewertung mehr. Das Ganze ist eine Entwicklung der arbeitsgerichtlichen Entscheidungen, die über die Jahre durch Klagen unzufriedener Beurteilter erstritten wurde.

Als Konsequenz ignorieren Personalchefs zunehmend die Lektüre solcher Zeugnisse. Sie zweifeln an deren Aussagekraft und vernachlässigen den Inhalt deshalb auch bei den Auswahlentscheidungen. Für Arbeitnehmer, die sich dennoch streitbar die optimalste Beurteilung ihres bisherigen Chefs sichern wollen, kann derlei Penetranz auch leicht nach hinten losgehen: Ein lobendes Zeugnis erzeugt große Erwartungshaltungen, die bei Nichterfüllung die Zeichen schnell wieder auf Abschied stellen.

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Bild von Ro Ma auf Pixabay