Geschichte der Zeitarbeit

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Die Geschichte der Zeitarbeit ist inzwischen mehr als 90 Jahre alt und keineswegs eine Erfindung der sog. Hartz-Reformen.

Diese brachten lediglich Veränderungen für ein bis dahin schon sehr erfolgreiches System moderner Beschäftigung.

Das Vermitteln von Arbeitskräften gegen Entgelt, wurde erstmals durch das Arbeitsnachweisgesetz von 1922 geregelt. Im Jahre 1927 wurde das neue Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) geschaffen, quasi der Ursprung der heutigen Arbeitsagenturen. Die Nazis beschränkten hiernach die Zeitarbeit radikal, so dass 1935 praktisch nichts von dem System der freien Vermittlung übrig blieb.

Als am 10.März 1952 die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gegründet wurde, traten auch wieder die Regelungen des AVAVG von 1927 in Kraft.

In den USA hatten 1948 zwei Anwälte, aus der Not heraus, die Firma Manpower Inc. gegründet. Sie wollten dem damals schon akuten Dilemma entgegenwirken, den Ausfall qualifizierter Mitarbeiter/-innen zu kompensieren. Die Idee war bahnbrechend und setzte sich in den USA rasant schnell durch. Im Jahre 1956 wurde dann die ersten Manpower-Niederlassungen in Europa eröffnet, zuerst in Paris und London.

Vorreiter der modernen Zeitarbeit in Deutschland war das schweizerische Unternehmen ADIA Interim, das im Jahre 1962 eine Niederlassung in Hamburg errichtete. Sie verlieh kaufmännische Leiharbeitskräfte als freie Mitarbeiter und verstieß damit gegen geltendes Recht. Die Bundesanstalt für Arbeit stellte Strafantrag. Der Musterprozess zog sich durch alle Instanzen.

Im April 1967 hob das Bundesverfassungsgericht das Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung auf.

Das Bundessozialgericht verlangte in einem Urteil aus dem Jahre 1970, Zeitarbeitnehmern einen Mindestschutz zu gewährleisten. Dies führte zum Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – kurz AÜG) im Jahr 1972. Damit sollten verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen für das entgeltliche Überlassen von Arbeitskräften geschaffen werden. Gleichzeitig sollte eine Abgrenzung zur Vermittlung statuiert werden, die noch immer ein Monopol der Bundesanstalt für Arbeit war. Der Grundsatz des Gesetzes, nämlich dass die Zeitarbeitsunternehmen alle Pflichten eines Arbeitgebers haben, ist bis heute unverändert gültig geblieben.

Gleichzeitig, mit der Verabschiedung des AÜG, wurde die Bundesregierung beauftragt, alle vier Jahre über Erfahrungen mit der Anwendung dieses Gesetzes zu berichten.

Diese Erfahrungsberichte deckten häufige Verstöße von sog.“Schwarzen Schafen“ der Branche gegen Arbeitgeberpflichten und soziale Selbstverständlichkeiten auf. Hieraus resultiert ein Überlassungsverbot im Bauhauptgewerbe, wo damals die meisten Verstöße registriert wurden. Anfang 1982 wurde „die Arbeitnehmerüberlassung in Betrieben des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden“, gesetzlich verboten.

In den nachfolgenden Jahren fand eine schrittweise Deregulierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes statt. 1997 wurden z.B. die Befristungs-, Synchronisations- und Wiedereinstellungsverbote gelockert (einmalige Synchronisation und Wiedereinstellung möglich; einmalige sachgrundlose Befristung möglich) und die Überlassungshöchstdauer auf 12 Monate erhöht. Durch das Job-AQTIV-Gesetz (2002) wurde die Höchstüberlassungsdauer eines Leiharbeitnehmers an den Entleiher von 12 Monate auf 24 Monate ausgedehnt, gleichzeitig aber der Gleichbehandlungsgrundsatz ab dem 13. Monat der Beschäftigung im selben Entleihbetrieb eingeführt. Er bezog sich auf die für die in diesem Betrieb geltenden Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgelts.

Durch „Hartz I“ wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz grundlegend überarbeitet.

Mit Beginn des Jahres 2004 wurden das besondere Befristungsverbot (eine Beschäftigung kann nicht wiederholt befristet werden, ohne dass ein sachlicher Grund in der Person des Leiharbeiters liegt), das Wiedereinstellungsverbot (Leiharbeitsfirmen dürfen gekündigte Mitarbeiter innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nicht erneut einstellen), das Synchronisationsverbot (Mitarbeiter dürfen von einer Zeitarbeitsfirma nicht nur für die Zeit der Leihtätigkeit eingestellt sein) sowie die Beschränkung der Überlassungsdauer auf 24 Monate ersatzlos aufgehoben. Zudem sind nunmehr Ausnahmen vom Verbot der Arbeitnehmerüberlassung in Betrieben des Baugewerbes durch Tarifverträge möglich.

Auch wurde ein allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtend eingeführt.

Danach sollen die wesentlichen Arbeitsbedingungen (englisch: Equal Treatment) einschließlich des Arbeitsentgelts (Equal Pay) von Zeitarbeitskräften in einem Kundeneinsatz generell den Arbeitsbedingungen entsprechen, die im Kundenbetrieb für vergleichbare Arbeitnehmer gelten. Von diesem Grundsatz kann allerdings abgewichen werden, z.B. wenn ein eigener Tarifvertrag eine andere Lösung vorsieht. In der Folgezeit kam es zum Abschluss von Flächentarifverträgen mit den beiden großen Zeitarbeitsverbänden „Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA)“ -heute Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) – und dem „Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ)“.

Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personaldienstleistungen (CGZP) wurde am 14.12.2010 auf Antrag der Dienstleistungsgewerkschaft VERDI vom Bundesarbeitsgericht für tarifunfähig erklärt, da sie die Anforderungen an eine Tariffähigkeit nicht erfülle. Diese CGB-Tarifverträge sind zum 31.03.2013 ohne Nachwirkung ersatzlos entfallen. Trotzdem wird nahezu jedes Arbeitsverhältnis in der Zeitarbeit durch DGB-Tarifverträge arbeitsvertraglich abgesichert. Damit hat die Branche eine der höchsten Tarifbindungen aller Wirtschaftszweige in Deutschland.

Mit der weiteren Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im April 2011, wurden notwendige Anpassungen an die EU-Richtlinie-Zeitarbeit vorgenommen, eine allgemeinverbindliche Lohnuntergrenze eingeführt, sowie der sog. „Drehtüreffekt“ ausgeschaltet, damit Zeitarbeit nicht zum Lohndumping missbraucht werden kann. Der sog. „Drehtüreffekt“ beschreibt die vielfach gängige Praxis, in der Stammpersonal in eigene Zeitarbeitsfirmen ausgelagert wurde, um es hiernach zu veränderten Konditionen weiter zu beschäftigen, auch am ehemaligen Arbeitsplatz.  Seit dem 1. Januar 2012 gibt es eine Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit. Die rechtliche Basis dafür hat der Gesetzgeber im AÜG geschaffen.

Der sog. Mindestlohn-Zeitarbeit wird regelmäßig angepasst und beträgt in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen derzeit 9,49 Euro. In den übrigen Bundesländern sind es 9,79 Euro pro Stunde. Entscheidend für die Höhe ist dabei der Arbeitsort. Die nächste Mindestlohnerhöhung steht bereits für Oktober 2019 an, auf dann 9,66 euro bzw. 9,96 Euro.

Damit dürfte sich das Negativ-Argument der sog.“Billigarbeit“ endgültig erledigt haben. 

Im Europäischen Vergleich steht Deutschland aber immer noch auf den letzten Plätzen in Europa. Der Anteil der Zeitarbeitnehmer, im Verhältnis zu 100 Arbeitnehmern gesetzt, liegt gerade einmal bei 0,9 Prozent. In England liegt dieser Anteil bei 4,7 Prozent, in den Niederlanden sind es 4,5 Prozent und in Frankreich 2,1 Prozent. Es gibt also ein enormes Wachstumspotential in Deutschland für die Zeitarbeit.