Ausweg: Überlastungsanzeige als Selbstschutz

Ausweg: Überlastungsanzeige als Selbstschutz

Ausweg: Überlastungsanzeige als Selbstschutz

Einige Berufsbilder erfuhren noch vor Monaten große Dankbarkeit und damit eine Publicity, die ihnen bis dato überwiegend unbekannt war. Doch damit allein kann es nicht sein Bewenden haben. In vielen der schon seit langem sträflich vernachlässigten Branchen macht sich inzwischen immer deutlicher das  Unbehagen hinsichtlich immer noch unveränderter Arbeitsbedingungen breit. Neben der Vergütung gibt es dort diverse andere Baustellen, die nachhaltiger Korrektur bedürfen. Sogar die Drohung mit kurzfristigen Arbeitskämpfen steht immer mal wieder im Raum und wird in manchen Regionen sogar schon in die Tat umgesetzt. Die Zeit dafür scheint günstig. Nennenswerte Veränderungen blieben bisher weitgehend aus. Für den Dauerstress selbst gibt es aber auch noch einen zusätzlichen, oft aber leider unbekannten Ausweg: die sogenannte Überlastungsanzeige.

Missstände stauen sich seit langem

Personalmangel, Überstundenflut, Tarifflucht – all das sind Hiobsbotschaften aus der Arbeitswelt. Diese Missstände nehmen seit Jahren in vielen Bereichen rasant zu, die Alten- und die Krankenpflege ist da nur ein besonders krasses Beispiel. Viele Beschäftigte ächzen unter der täglichen Belastung und die Gefahr von sich einschleichenden Fehlern wächst enorm. An diesem Punkt kommt die sogenannte Überlastungsanzeige ins Spiel.

Merkwürdigerweise ist diese Form des legitimen Selbstschutzes in vielen Betrieben unbekannt und wird deshalb auch nur recht selten genutzt. Von Überlastung spricht man, wenn von Arbeitnehmern mehr oder anderes verlangt wird, als das, was sie leisten können. Die Gründe sind vielschichtig und reichen von erhöhtem Krankenstand über aufgeblähte Aufgabenbereiche bis hin zu chronischem Personal- und Nachwuchsmangel. Erhöhte Belastungen, die nun im Zuge der Corona-Krise viele Beschäftigte erfahren mussten, gehören ohne Zweifel dazu.

Konkretisierung der Nebenpflichten

Den Begriff der Überlastungsanzeige gibt es im Arbeitsrecht ausdrücklich weder in Gesetzen noch in Tarifverträgen. Die auch als Gefährdungsanzeige bezeichnete Reaktion auf Missstände am Arbeitsplatz ist eine Konkretisierung der gegenseitigen Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag. Diese finden sich vor allem im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) näher geregelt.

Nach § 15 ArbSchG ist jeder und jede Beschäftigte verpflichtet, sowohl für die eigene Gesundheit und Sicherheit Sorge zu tragen als auch für die aller Personen, die von beruflichen Tun betroffen sind. Nach § 16 ArbSchG haben Beschäftigte jede festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für Sicherheit und Gesundheit oder einen Ausfall von Sicherungssystemen unverzüglich dem Arbeitgeber mitzuteilen.

Mit der Überlastungsanzeige können demnach Beschäftigte zweifelsfrei nachweisen, dass sie dieser Verpflichtung nachgekommen sind und der Arbeitgeber nun von den Missständen positive Kenntnis hat. In welcher Form die Überlastungsanzeige an den Arbeitgeber erfolgt, das ist nicht explizit vorgeschrieben. Allein aus Beweisgründen dürfte es von Vorteil sein, diese schriftlich zu verfassen und den Zugang zu dokumentieren. Dient die Überlastungsanzeige den Betroffenen doch gleichzeitig der eigenen Entlastung im Schadensfall. Sie ist also zugleich Selbstschutz.

Überlastungsanzeige schützt vor Haftung

Wird nach erfolgter Überlastungsanzeige ein Schaden verursacht, so sind die jeweils Anzeigenden vor der eigenen Haftung geschützt. Vor allem beim Umgang mit Menschen und großen Sachwerten ein wichtiger Umstand. Kommt doch sonst auch noch die Frage der Strafbarkeit des eigenen Tuns ins Spiel. Jedoch liegt in der Überlastungsanzeige kein Freibrief für eine generelle Arbeitsverweigerung. Die eigene Arbeitsleistung ist weiterhin sorgfältig und qualitätsgerecht zu erbringen. Aufgaben und Weisungen, die man aus Zeitgründen nicht erfüllen kann, muss man sofort und ausdrücklich zurückweisen. Nur dann gelangt man auch hier aus der Haftungsfalle. In der Not kann man Prioritäten setzen und notfalls neue Überlastungsanzeigen stellen.

Hat nämlich der Vorgesetzte von der Belastungssituation Kenntnis, ist er grundsätzlich verpflichtet, für Abhilfe zu sorgen. Tut er nichts, steht im Schadensfall seine eigene Haftung in Rede. Ein rotes Tuch sind derlei Anzeigen deshalb auch immer nur für die Arbeitgeber, die an guter Qualität der Arbeit kein Interesse haben. Alle anderen Vorgesetzten werden sich dafür bedanken. Kommt doch der anzeigende Beschäftigte allein seiner gesetzlichen Verpflichtung nach.

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