Pünktlichkeit ist nicht nur eine Tugend

Pünktlichkeit ist nicht nur eine Tugend

Pünktlichkeit ist nicht nur eine Tugend

In Zeiten schier ausufernder Toleranz geraten auch Tugenden ins Abseits, die unser Selbstverständnis über Generationen geprägt haben. Da sie für ein funktionierendes Gemeinwesen unerlässlich sind, bedarf es auch zukünftig ihrer Ausprägung. Hierzu gehört ohne Zweifel die Pünktlichkeit.

„Pünktlichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr …“

spöttelt der Volksmund und liegt damit wohl mehr denn je richtig.

War früher Pünktlichkeit noch ein Zeichen von Höflichkeit, so scheint dies heute nicht mehr zu gelten. Unpünktlichkeit wird immer öfter zum Standard in vielen Lebenslagen. Letztlich helfen einem auch moderne Kommunikationsmöglichkeiten, Termine kurzfristig zu verschieben oder ganz abzusagen. Die oft als typisch für die Deutschen gepriesene Tugend, scheint der Beliebigkeit unterfallen zu sein.

Aber wie ist das am Arbeitsplatz? Sind Verspätungen vom Arbeitgeber zu tolerieren? Bin ich trotz Verspätung auf der sicheren Seite, wenn Bahnstreiks oder aber widrige Witterungsbedingungen den Weg zur Arbeit schier unmöglich machen?

Grundsätzlich trägt der Arbeitnehmer das allgemeine Wegerisiko. Den Arbeitsplatz pünktlich zu erreichen, ist eine arbeitsvertragliche Grundpflicht. Absehbare Verkehrsbehinderungen müssen daher bei den Fahr- und Wegezeiten eingeplant werden, selbst wenn es sich um mehrere Stunden handelt. Die Vorabinformation über Witterungsverhältnisse und einzuplanende Wegezeit-Verzögerungen sind durchaus zumutbar.

Kommt ein Mitarbeiter zu spät, weil öffentliche Verkehrsmittel wegen schlechter Witterung, Streik oder aufgrund von Betriebsstörungen ausgefallen sind, darf der Arbeitgeber den Lohn für die verspätete Zeit kürzen. Jedenfalls dann, wenn sie wegen der Art der zu erbringenden Arbeitsleistung nicht nachgeholt werden kann. Ohne Arbeit keinen Lohn! Damit sind die Regeln klar. Bei Arbeitsplätzen mit Gleitarbeitszeit müssen die Arbeitnehmer die versäumte Zeit nacharbeiten. Hier gibt es wegen der Art der zu erbringenden Arbeitsleistung zeitliche Toleranzbereiche.

Kein unmittelbarer Kündigungsgrund

Verspäten Sie sich witterungsbedingt mehrfach, darf Ihnen Ihr Arbeitgeber nicht einfach kündigen. Zu einer Abmahnung wegen Verstoßes gegen arbeitsvertragliche Pflichten ist er jedoch berechtigt. Bei unerwarteten Wetterereignissen sollte man als Arbeitnehmer den Arbeitgeber vorab über Hinderungsgründe bei der Pünktlichkeit informieren. Damit zeigt man einerseits Pflichtbewusstsein und Vertragstreue, andererseits gibt man dem Arbeitgeber die Möglichkeit, kurzfristig organisatorische Veränderungen vorzunehmen. In manchen Betrieben sind Sonderregelungen für kurzfristige Verspätungen über Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen geregelt.

Ein der Witterung geschuldeter Unfall auf dem Weg zur Arbeit, stellt allerdings arbeitsrechtlich einen anderen Sachverhalt dar. Hier besteht die Vergütungspflicht des Arbeitgebers wie im gewöhnlichen Krankheitsfall fort. Notwendig bleibt dabei allerdings auch die Informationspflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Diese Informationspflichten im Verhinderungsfall, wegen Krankheit, Unfall etc., sind ebenfalls arbeitsvertraglich geregelt. Auch hier kommt es wieder auf die Pünktlichkeit an, um arbeitsrechtlichen Konsequenzen aus dem Wege zu gehen.

Pünktlichkeit, auch am Arbeitsplatz, bleibt also wichtig. Sie ist ein Maßstab für Zuverlässigkeit und Ausdruck der Wertschätzung. Sie vermittelt dem Arbeitgeber ein untrügliches Gefühl dafür, welchen Stellenwert der Arbeitsplatz für den Einzelnen einnimmt. Wenn also mal wieder der Respekt des Arbeitgebers eingefordert wird, sei es bei Gehaltssteigerungen oder bei Karrierestufen, dann sollte man sich vorab fragen, wieviel davon zu leisten man selbst bereit ist. Das alte Sprichwort vom Ruf in den Wald und dem zurückhallenden Echo wird auch zukünftig eine Rolle spielen. 

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Bild von fancycrave1 auf Pixabay