Umkleidezeiten sind nicht zwingend Arbeitszeit

Umkleidezeiten sind nicht zwingend Arbeitszeit

Umkleidezeiten sind nicht zwingend Arbeitszeit

Die Arbeitszeit ist kostbar. Vor allem Arbeitgeber versuchen hierbei immer das Optimum zu erlangen.

Schließlich schulden sie für die vereinbarte Zeit das entsprechende Entgelt. Wohl gerade deshalb stößt die Thematik der Umkleidezeiten immer wieder auf Kontroversen. Dabei haben sich die zuständigen Arbeitsgerichte aller Instanzen schon ausführlich mit verschiedensten Konstellationen des Streits beschäftigt.

Vorerst abschließend geklärt ist wohl, dass bei einem vom Arbeitgeber angeordneten Wechsel von Dienstkleidung auch die Umkleidezeiten vor und nach der Arbeit vergütet werden müssen. Das Gleiche soll gelten, wenn Beschäftigte ihre auffällige Dienstkleidung im Betrieb wechseln, um sich damit nicht in der Öffentlichkeit bewegen zu müssen. Zur auffälligen Dienstkleidung gehört dabei alles, was sich einer bestimmten Berufsbranche zuordnen lässt (BAG, AZ: 5 AZR 382/16).

Damit sind allerdings noch längst nicht alle Streitpunkte erledigt.

Bekanntlich sind über Tarifverträge und auch über den individuellen Arbeitsvertrag immer Konkretisierungen möglich. So auch bei der Vergütung für Umkleidezeiten. Allein die rechtliche Relevanz gilt es hiernach zu prüfen. Dazu war schlussendlich wieder das höchste deutsche Arbeitsgericht gefragt. Dort hat man, entgegen der Auffassung vieler Instanzengerichte, die Möglichkeit eines tariflichen Ausschlusses von Vergütungspflichten für Umkleidezeiten grundsätzlich bejaht (BAG, AZ: 9 AZR 574/15).

Inzwischen hat das Bundesarbeitsgericht auch entschieden, dass sogar ein einzelvertraglicher Ausschluss der Vergütungspflicht für Umkleidezeiten zulässig sein kann (BAG, AZ: 5 AZR 168/16). Allerdings muss der Arbeitsvertrag dabei klar benennen, was genau ausgeschlossen werden soll. Verwendet der Arbeitgeber hierbei anerkannte Rechtsbegriffe, so sind diese im Rahmen einer gerichtlichen Kontrolle auszulegen. Die allgemeine juristische Bedeutung der jeweils verwendeten Begriffe ist dann Maßstab für den wirksamen Ausschluss der Vergütungspflicht.

Im konkret behandelten Fall wurde im Arbeitsvertrag formuliert, dass die Umkleidezeiten als leistungsentgeltfrei zu betrachten sind. Die juristische Bedeutung des Begriffes Leistungsentgelt ist nicht identisch mit dem Begriff des Stundenentgelts. Auf dieser Basis aber erhielt der betroffene Beschäftigte seine Vergütung. Damit wurde die Vergütungspflicht von Umkleidezeiten mangels eindeutiger Bezeichnung nicht wirksam ausgeschlossen. Bei eindeutiger Bezeichnung wäre diese Formulierung gültig und damit der Ausschluss möglich gewesen.

Die Zulässigkeit eines Ausschlusses der Vergütungspflicht von Umkleidezeiten würde auch nicht gegen das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verstoßen.

Dort in § 3 Abs. 3 ArbSchG ist davon die Rede, dass Arbeitgeber die Kosten des Arbeitsschutzes zu tragen haben. Eine Vergütung stellt aber keine Kosten im Sinne des ArbSchG dar. Vielmehr sind damit die Beschaffungs- und Erhaltungskosten der Arbeitskleidung gemeint. Die Umkleidezeiten werden davon nicht erfasst.

Ist die Vergütung der Umkleidezeiten im Betrieb geregelt, so bleibt schlussendlich noch das individuelle Moment der dafür benötigten Zeit fraglich. Jedem Beschäftigten ist immer die Zeit zu vergüten, die er oder sie unter Ausschöpfung der persönlichen Leitungsfähigkeit  und im Rahmen der objektiven Gegebenheiten für das Umkleiden, sowie den Hin- und Rückweg benötigt. Wird also geltend gemacht, dass für das Umkleiden und die innerbetrieblichen Wege mehr als die pauschal festgelegte Zeit anfällt, kann notfalls gerichtlich ein Anspruch auf Festsetzung dieser Zeit durchgesetzt werden.

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