
Immer wieder Ärger mit der Sperrzeit
Sie gilt gemeinhin als das Damoklesschwert der Arbeitslosigkeit – die Sperrzeit. Vielfach fehlt es aber an einer genauen Kenntnis des Sanktionsmittels. Die Unsicherheiten liegen nicht nur auf Seiten der Betroffenen. Auch Arbeitsagenturen sind bei der Anwendung nicht immer fehlerfrei. Das führt natürlich zu Verdruss. Schließlich geht es ums Geld, um die Existenzgrundlage schlechthin.
Dabei sind die Regeln auch für die Sperrzeit gesetzlich festgeschrieben. Bei der Anwendung dieser Regeln hapert es oft. Es macht also durchaus Sinn, hier einmal etwas genauer hinzusehen. Nicht alles, was mit einer Sperrzeit sanktioniert wird, ist auch gesetzlich fundiert. Dann muss man sich wehren. Auch dieses Recht sollte man unbedingt kennen.
Sperrzeit ist gesetzlich definiert
Die rechtliche Grundlage für die Sperrzeit findet sich in § 159 des Dritten Sozialgesetzbuches (SGB III). Der Anlass für die Verhängung ist dort als ein versicherungswidriges Verhalten ohne wichtigen Grund definiert. Allerdings betrifft diese Regelung nur das Arbeitslosengeld I. Sanktionen im Leistungsbereich der Grundsicherung regelt das SGB II.
Die Tatbestände des versicherungswidrigen Verhaltens werden in § 159 SGB III selbst aufgelistet. Danach sind es die Arbeitsaufgabe, die Arbeitsablehnung, unzureichende Eigenbemühungen, die Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, der Abbruch bei einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, das Meldeversäumnis und die verspätete Meldung zur Arbeitslosigkeit, die zur Sperrzeit führen können.
Die Besonderheit hierbei ist, dass die Sperrzeit, anders als die Ruhezeit, sich negativ auf den Anspruchszeitraum auswirkt. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wird also um die Sperrzeit verkürzt. Ebenso werden während einer Sperrzeit keine Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt. Lediglich die Krankenversicherung bleibt erhalten.
Dauer der Sperrzeit ist variabel
Die Dauer einer Sperrzeit ist abhängig vom jeweiligen Grund und kann zwischen einer Woche und zwölf Wochen variieren. Bei Erfüllung mehrerer Tatbestände können sich aber auch mehrere Sperrzeiten addieren und damit selbst die 3 Monate deutlich überschreiten. Werden in der Summe mehrerer Sperrzeiten insgesamt 21 Wochen überschritten, dann verliert der Arbeitslose gemäß § 161 Absatz 1 Nr.2 SGB III als Folge seinen gesamten Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Verhängt die Arbeitsagentur eine Sperrzeit, so kann dies grundsätzlich mit einem Widerspruch angefochten werden. Die Behörde muss dann ihre Entscheidung erneut überprüfen. Hilft sie hiernach dem Widerspruch nicht ab, ist der Klageweg zum Sozialgericht eröffnet. Dabei sollte man sich möglichst fachkundig unterstützen lassen.
Wenn die Arbeitsagentur übertreibt
Das tat auch ein Koch, über dessen Sperrzeit in letzter Instanz das Bundessozialgericht zu entscheiden hatte (BSG, AZ: B 11 AL 2/17 R). In dem dort verhandelten Fall wurden dem Arbeitslosen innerhalb von zwei Tagen drei Vermittlungsvorschläge unterbreitet. Da sich dieser aber auf keine der drei vorgeschlagenen Stellen beworben hat, verhängte die Arbeitsagentur drei Sperrzeiten mit einer Dauer von jeweils drei, sechs und zwölf Wochen.
Hiergegen wehrte sich der arbeitslose Koch und bekam schlussendlich Recht. Nach Auffassung der Richter sind die drei Stellenvorschläge als einheitlicher Lebenssachverhalt zu betrachten. Die Angebote sind in einem so engen zeitlichen Zusammenhang unterbreitet worden, dass sie dem Arbeitslosen faktisch gleichzeitig vorgelegen haben. Die Nichtbewerbung auf die Stellen muss deshalb auch als ein einheitliches versicherungswidriges Verhalten gewertet werden. Daher darf für das pflichtwidrige Unterlassen nach Bewerbungsaufforderung, was einer Arbeitsablehnung gleichkommt, insgesamt auch nur eine Sperrzeit verhängt werden.
Mängel bei der Belehrung
Was aber, wenn schon die Androhung der Sperrzeit wegen Mängeln unwirksam ist? Über eine solche Fallkonstellation hatte das Landessozialgericht in Celle zu entscheiden (LSG Niedersachsen-Bremen, AZ: L 11 AL 95/19).
Ein 42 Jahre alter Maschinenbauer aus Wolfsburg hatte sich nach einem Vermittlungsvorschlag der Arbeitsagentur nicht beworben. Daraufhin verhängte die Arbeitsagentur gegen den Mann eine dreiwöchige Sperrzeit und forderte rund 1.400 Euro Arbeitslosengeld zurück. Der Mann erklärte zu seiner Entlastung, dass die angebotene Stelle gar nicht zu ihm gepasst hätte. Wenn er aber vorher über die Folgen der Nicht-Bewerbung belehrt worden wäre, dann hätte er sich trotzdem beworben. Die Sperrzeit als Folge seiner Weigerung sei für ihn so nicht erkennbar gewesen. Die Bundesagentur für Arbeit hingegen verwies im Verfahren darauf, dass auf der Rückseite eines Vermittlungsvorschlags immer eine Rechtsfolgenbelehrung vorhanden sei. Der mögliche Beginn einer Sperre ergebe sich dann aus einem Merkblatt.
Zwar konnte der Maschinenbauer im Prozess den Originalausdruck des Schreibens nicht mehr vorlegen. Das Gericht hob die Sperrzeit für den Mann aber trotzdem auf. Dem Urteil zufolge war die Rechtsfolgenbelehrung unvollständig und damit unwirksam, da sie nicht über den Beginn der angedrohten Sperrzeit informierte. Dies sei nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung aber erforderlich, da eine Belehrung konkret, richtig, vollständig und verständlich sein müsse, um ihre Aufklärungs- und Warnfunktion erfüllen zu können. Der pauschale Verweis auf ein Merkblatt reiche hierzu nicht aus, zumal sich dort keinerlei Ausführungen zum Beginn der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung finden lassen.