Steuerhinterziehung als Kündigungsgrund
Steuerhinterziehung ist strafbar. Das ist zwar allbekannt, dennoch werden immer wieder Mittel und Wege gesucht, möglichst wenig Geld an den Fiskus weiterzureichen. Doch mit der Strafbarkeit allein ist es oft nicht getan. Daneben steht für viele Ertappte auch noch der Job auf dem Spiel.
Diese Erfahrung musste vor einiger Zeit gar ein leitender Beamter eines Finanzamtes machen. Er hatte versucht, Steuervorschriften zu seinem Vorteil umzudeuten. Auch wenn die Strafe in seinem Fall nur in einer Geldzahlung bestand, entfernte ihn sein Dienstherr aus dem Beamtenverhältnis. Das Bundesverwaltungsgericht musste seine diesbezügliche Beschwerde in letzter Instanz verhandeln. Es entschied, dass die Höhe des wirtschaftlichen Schadens hier nicht maßgebend war. Das Fehlverhalten wiegt deshalb so schwer, weil es eigentlich zu den dienstlichen Kernpflichten des Beamten gehörte, der Verletzung von Steuervorschriften entgegenzuwirken.
Durch die Steuerhinterziehung bestehen erhebliche Zweifel an der für die dienstliche Tätigkeit gebotenen Vertrauenswürdigkeit (BVerwG, Beschluss v. 27.12.2017, 2 B 18.17).
Steuerhinterziehung bringt Job in Gefahr
Auch wenn dieser Fall nicht alltäglich ist, so bleibt die Steuerhinterziehung auch in anderen Konstellationen ein üblicher Kündigungsgrund. Dabei sind Rechtspraxis und Rechtsprechung hier seit Jahren einheitlich und konsequent.
So entschied das Arbeitsgericht Kiel in seinem Urteil vom 07.01.2014, Az. 2 Ca 1793a/13, dass jeden Arbeitnehmer und Angestellten eine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber oder Dienstherrn trifft, die in § 241 BGB normiert ist. Danach ist diese verletzt, wenn, wie im entschiedenen Fall, die Arbeitnehmerin Abrechnungstricks anwendet, um sich rechtswidrige Steuervorteile zu verschaffen. In diesem Fall überwog das Vergehen sogar den Status als Schwerbehinderte, die langjährige Betriebszugehörigkeit und ein bis dato tadelloses Verhalten. Die Kündigung war wegen Steuerhinterziehung wirksam.
Der in Rede stehende Fall betraf eine Frau, die als Reinigungskraft, Vorarbeiterin und Objektleiterin bei einem Reinigungsunternehmen arbeitete. Sie hatte ihre Arbeit zum Teil über zwei andere Mitarbeiterinnen abgerechnet. Diese zahlten der Frau das erhaltene Geld dann später in bar aus. Als der Geschäftsführer hiervon erfuhr, kündigte er der Frau. Gegen die Kündigung klagte sie mit der Begründung, dass der Objektleiter ihr diese Abrechnungspraxis in Anbetracht ihres weit über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Eisatzes vorgeschlagen hatte.
Das wiederum ließen die Richter nicht gelten. Schließlich habe die Frau die Auszahlungskonstruktion, unter Umgehung gesetzlicher Abgaben und Steuern, im Bewusstsein über das Verbotene gewählt. Die dabei begangene Steuerhinterziehung ist ein Straftatbestand, den der Arbeitgeber nicht dulden kann und muss.
Verhalten im privaten Bereich ist auch relevant
Doch nicht nur in Wirtschaftsunternehmen ist Steuerhinterziehung arbeitsrechtlich relevant und eben keine Privatangelegenheit. Auch Angestellte und Beamte haben sich diesen Regeln zu unterwerfen, selbst wenn es sich um Vorgänge im privaten Bereich handelt. So entschied das Bundesarbeitsgericht bereits 2001, dass eine Steuerhinterziehung bei einem Mitarbeiter einer Finanzbehörde als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung anzusehen ist, selbst dann, wenn der Angestellte seine Hinterziehung selbst angezeigt hat. Das Gericht argumentierte damals, dass eine Kündigung durch außerdienstliches Verhalten immer dann gerechtfertigt ist, wenn das Arbeitsverhältnis eine konkrete Beeinträchtigung erfährt. Bei Angestellten des öffentlichen Dienstes gilt ein noch strengerer Maßstab, da die Öffentlichkeit regelmäßig und berechtigt eine gewisse Vorbildfunktion erwartet. Auch ein Angestellter des öffentlichen Dienstes hat sein Privatleben so zu gestalten, dass die Rechtsordnung in jedem Fall gewahrt bleibt. Dies ist mit einer Steuerhinterziehung nicht zu vereinbaren (BAG, Az.2 AZR 325/00).
Die vom Arbeitsgericht in Kiel aufgenommene Argumentation zur Pflicht der Rücksichtnahme spielt letztlich auch im Beamtenverhältnis eine Rolle, wenn es um Steuerhinterziehung geht. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht 2008 entschieden, dass, trotz Selbstanzeige eines verbeamteten Steuersünders, dieser disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden kann, obwohl er durch die Selbstanzeige straffrei bleibt (BVerfG, 2 BvR 336/07). Er könnte sogar aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, wenn die hinterzogene Summe erheblich ist. Einer Entlassung entgeht der Beamte hiernach nur, wenn weitere erhebliche Tatsachen zu seinen Gunsten sprechen (BVerwG, 2 C 16/10).
Steuerhinterziehung vs. Berufspflicht
Dass besondere Berufspflichten nicht mit einer Straftat einhergehen können, das musste leidlich ein Schornsteinfeger erfahren. Er war wegen Steuerhinterziehung und Falschbeurkundung im Amt strafrechtlich verurteilt worden und galt damit als unzuverlässig. Da die Zuweisung eines Kehrbezirks ein staatlicher Hoheitsakt ist, ebenso wie die Durchführung der beauftragten Dienstleistung, handelt ein Schornsteinfeger rechtlich betrachtet „im Amt“. Das wiederum lässt ein besonderes Vertrauensverhältnis des Staates in dessen Zuverlässigkeit und Gesetzestreue entstehen.
Im hier in Rede stehenden Fall hatte der Schornsteinfeger im hoheitlich zu führenden Kehrbuch nicht alle Erlöse seiner Tätigkeit festgehalten. Deshalb hatte ihn ein Gericht wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen sowie wegen Falschbeurkundung im Amt strafrechtlich verurteilt. Der Landkreis entzog ihm daraufhin die Bestellung als Schornsteinfeger.
Dieser Auffassung folgte das daraufhin angerufene Gericht vollumfänglich (Verwaltungsgericht Trier, AZ: 2 L 3058/21). Die Zuverlässigkeit des Schornsteinfegers ist besonders deshalb nicht mehr gegeben, weil die Straftaten mit seiner beruflichen Tätigkeit direkt zusammenhängen. Das Vertrauen in ihn als Bezirksschornsteinfeger ist aus Bereicherungsabsicht missbraucht worden.