Teil-Krankschreibung – Sinn oder Unsinn?
Das Thema gerät seit geraumer Zeit regelmäßig in die Schlagzeilen, nur eine abschließende Bearbeitung hat es bis heute nicht erfahren. Gemeint ist die Idee der Teil-Krankschreibung. Dabei sind die Motive für deren Einführung durchaus unterschiedlich. Während die einen sich vor allem an den jährlich steigenden Kosten der Lohnfortzahlungen orientieren, sind für andere Befürworter die dadurch erleichterten Einarbeitungen nach einem krankheitsbedingten Ausfall maßgeblich.
Letztgenanntes Argument zielt auf die zunehmende Zahl psychischer Erkrankungen
Befürworter vertreten die Ansicht, dass vor allem bei psychischen Erkrankungen eine auf Stunden begrenzte Arbeitsunfähigkeit helfen kann. So blieben die sozialen Kontakte des Arbeitsumfeldes erhalten und auch der Eingliederungsprozess von Langzeitarbeitslosen könnte leichter verlaufen. Denn gerade hier finden sich gravierend viele psychische Probleme, die oft die Arbeitsaufnahme erschweren.
Dieser Vorschlag zielt auf die Erfahrungen eines ähnlichen Systems, was es in Schweden schon gibt: die Einführung von Teil-Krankengeld für eine Teil-Krankschreibung. Auch das sogenannte Hamburger-Modell, wo Arbeitnehmer nach schwerer Erkrankung Schritt für Schritt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können, ist dieser Idee entlehnt.
Während einige Fachleute vor allem die psychisch bedingten Krankmeldungen im Blick haben, orientieren sich andere Modelle an jedweden längerfristigen Erkrankungen. Mittels einer Teil-Krankschreibung sollen Arbeiten ermöglicht werden, die trotz Krankheit zumutbar erscheinen. Die Relation, wieviel jemand noch krank und wieviel derjenige schon wieder gesund ist, sollen dabei Ärzte und Patienten gemeinsam aushandeln. Den Krankheits-Teil muss dann die Krankenkasse weiter tragen, den Arbeits-Teil der Arbeitgeber.
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als Problem
Wegen dramatisch gestiegener Kosten für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, schlagen die deutschen Krankenkassen schon seit Jahren Alarm. Das System gerät finanziell an seine Grenzen, so dass eine regulierende Abminderung durch den Gesetzgeber verlangt wird. Jedes Jahr steigt die Dauer der Arbeitsunfähigkeit um gut drei Prozent und jedes Jahr steigt auch die Zahl der betroffenen Versicherten um zwei Prozent. Es sind systematisch wachsend mehr Menschen krank und ihre Krankheit dauert auch immer länger.
Das System der Lohnfortzahlung in Deutschland wird zunehmend zum Problem. Vor allem die Dauer von bis zu 6 Wochen wird von Ökonomen dafür verantwortlich gemacht, dass eine Krankschreibung schon bei leichten Infekten als Option gewählt wird. In anderen Ländern ist der ökonomische Druck durchaus höher, da die Entgeltfortzahlung dort in der Regel auf 14 Tage beschränkt ist.
Dass die Kosten jedes Jahr steigen, hat darüber hinaus noch weitere Ursachen: Zum einen waren in Deutschland noch nie so viele Menschen in Lohn und Brot wie heute und auch immer weniger ältere Arbeitnehmer werden vorzeitig in den Ruhestand geschickt. Weil die Löhne steigen, steigt auch das Krankengeld, denn es orientiert sich an der Höhe des Monatsgehalts. Darüber hinaus ist eine deutliche Zunahme langwieriger Erkrankungen zu verzeichnen, so vor allem bei psychischen Problemen und bei Rückenleiden.
Die Skepsis hinsichtlich der Einführung einer Teil-Krankschreibung ist natürlich groß. Vor allem auch deshalb, weil die Kassen bereits jetzt schon erheblichen (Genesungs)-Druck auf Langzeiterkrankte ausüben. Die Einführung einer Teil-Krankschreibung müsste sich daher grundsätzlich an den Interessen aller Vertragsparteien orientieren. Nur dann lohnt es sich, detailliert darüber nachzudenken.