Anlasskündigung und Fortzahlungsfalle

Anlasskündigung und Fortzahlungsfalle

Jede Kündigung hat ihren Anlass. Das können gewichtige Gründe sein, die eine weitere Zusammenarbeit als unzumutbar erscheinen lassen. Darüber hinaus gibt es natürlich auch immer wieder Nichtigkeiten, die einen Streit auslösen und schlussendlich zur Kündigung führen. Doch nicht jeder Anlass ist auch ein Kündigungsgrund. Die Unterscheidung bereitet manchmal Mühe. Wenn aber eine Krankheit ins Spiel kommt und auch als Kündigungsgrund herhalten muss, dann gewinnt die Thematik der Anlasskündigung richtig an Fahrt. Dies vor allem mit Blick auf die sechswöchige Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.

Anlasskündigung wegen Krankheit

Dass Beschäftigte wegen einer Krankheit gekündigt werden können, das sollte inzwischen bekannt sein. Dass während einer Krankschreibung das Arbeitsentgelt weiter gezahlt wird, regelt vollumfänglich und eindeutig das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Nach § 8 Absatz 1 EntgFG wird dieser Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auch dann nicht berührt, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gerade aus Anlass einer Arbeitsunfähigkeit kündigt. Bei einer wirksamen Kündigung bliebe der betroffene Arbeitnehmer sonst ohne Schutz. Gerade das aber soll mit dem Entgeltfortzahlungsgesetz auch vermieden werden.

Liegt demnach eine solche Anlasskündigung vor, bleibt der Arbeitgeber trotzdem für sechs Wochen zur Fortzahlung verpflichtet. Er soll sich nicht auf Kosten der Sozialversicherung seiner Fortzahlungspflicht entziehen dürfen. Daneben soll auch der Arbeitnehmer nicht während einer Erkrankung unter Zugzwang geraten.

Fortzahlung soll gesichert bleiben 

Nun wäre es allerdings ein Fehler, in diese Problematik der Anlasskündigung nur reine Fälle aktueller Erkrankung einzubeziehen. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) genügt zur Annahme einer Anlasskündigung und damit zur Auslösung der vollen Fortzahlungspflicht bereits, dass eine Erkrankung die Entscheidung zur Kündigung auch nur final beeinflusst hat. Sie muss dabei allerdings eine wesentliche Bedingung im Sinne der Kausalität darstellen. Derlei Fälle bieten beispielsweise geplante Operationen und ähnliche voraussehbare und planbare Ereignisse.

Eine erst nach Zugang der Kündigung eingetretene Arbeitsunfähigkeit wäre demnach kein Fall der Anlasskündigung, soweit nicht weitere Erkenntnisse hinzutreten. In allen anderen Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis noch vor Ende der Sechs-Wochen-Frist endet, besteht für Arbeitgeber das Risiko der Entgeltfortzahlung für den vollen Zeitraum, falls der Arbeitnehmer so lange arbeitsunfähig ist.

Arbeitgeber verbleibt taktische Möglichkeit

Beweisen muss den Vorwurf der Anlasskündigung entweder der betroffene Mitarbeiter oder die jeweilige Krankenkasse aus übergegangenem Recht (§ 115 SGB X). Ziel ist in jedem Fall, die Erstattung der Entgeltfortzahlung vom bisherigen Arbeitgeber zu erhalten. Entkräftet dieser im Gegenzug aber die Beweisbehauptung damit, dass die Kündigung bereits länger geplant und vorbereitet war, dann kann er sich mit Erfolg aus dieser Fortzahlungsfalle befreien.

Arbeitgeber könnten demnach gehalten sein, einer immer wieder ärgerlichen Krankschreibung nicht sofort mit einer Kündigung zu begegnen. Dazu braucht es aber einen kühlen Kopf, ansonsten wird der Ärger in Anbetracht dieser Fortzahlungsfalle noch erheblich größer.

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