Beschäftigungsalternativen statt Kündigung

Beschäftigungsalternativen statt Kündigung

Beschäftigungsalternativen statt Kündigung

Dass die Digitalisierung immer mehr Raum greifen wird, das schien bisher für viele noch Zukunftsmusik zu sein. Nur wenige wagten Prognosen, ob und wann die digitale Transformation auch ihren Lebens- und Arbeitsbereich nachhaltig, wenn nicht gar fundamental verändern kann. Die Trägheit deutscher Innovationskraft ist vor allem hier zu spüren. Galten die Deutschen noch vor Jahren als technologische Vorreiter in der Welt, so kommt die digitale Transformation hierzulande bisher nicht über die Mittelmäßigkeit hinaus. Doch das vermehrte Vordringen der KI-Thematik in der öffentlichen Diskussion versetzt viele Entscheider nun in Panik. Während die öffentliche Verwaltung weiter an organisatorischen Umsetzungsplänen der Digitalisierung bastelt, überschlagen sich einige Unternehmen förmlich bei der Etablierung künstlicher Intelligenz. Doch damit werden zwangsläufig viele Arbeitnehmer ihrer Aufgaben verlustig. Als Folge dürfte das Damoklesschwert der betriebsbedingten Kündigung immer rasanter über vielen Köpfen schweben.

Die betriebsbedingte Kündigung stellt einen der wichtigsten Kündigungsgründe und häufigsten Streitpunkte vor Gericht dar. Nicht selten endet der Streit durch eine Kombination aus Vergleich und Abfindungszahlung. Das wird oft beiden Seiten nicht gerecht. Die deutlich bessere Lösung ist die Erwägung von Beschäftigungsalternativen, was im Übrigen nach dem Gesetz auch gefordert werden kann.

Beschäftigungsalternativen als Kündigungsschutz

Allgemein liegen die Hürden einer betriebsbedingten Kündigung sehr hoch. Zumindest in den Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Ein Arbeitgeber, der wegen Auftragsmangel oder aufgrund organisatorischer Änderungen Arbeitsplätze abbauen will oder muss, hat konkret darzulegen, welche Umstände ihn dazu veranlassen. Vor einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber zunächst alle milderen Mittel ausschöpfen. Dazu gehören natürlich auch Beschäftigungsalternativen.

Sind beim Arbeitgeber mehrere Mitarbeiter gleichartig beschäftigt und soll nur einigen davon gekündigt werden, verlangt das Kündigungsschutzgesetz, dass eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten (Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen) vorzunehmen ist. Diese Sozialkriterien sind gleichrangig. Es bleibt also ein gewisser Spielraum. So gibt es daneben auch die Option, objektiv unverzichtbare Mitarbeiter komplett aus der erforderlichen Sozialauswahl auszuklammern.

Nicht unberücksichtigt bleiben darf informativ der Betriebsrat. Wird dieser falsch oder lückenhaft informiert, ist eine betriebsbedingte Kündigung bereits aus diesem Grund unwirksam.

Auch mittels Klage durchsetzbar

Gegen betriebsbedingte Kündigungen können sich betroffene Mitarbeiter in der Regel oft nur schwer wehren. Doch es bestehen immer dann Anfechtungschancen, wenn es im kündigenden Betrieb Beschäftigungsalternativen gibt. Damit sind alle Beschäftigungsmöglichkeiten gemeint, völlig unabhängig von der Qualifikations- und Gehaltsstruktur. Dies hat in sehr deutlicher Weise ein Urteil des Arbeitsgerichtes Bonn veranschaulicht (AZ: 5 Ca 2295/15).

Kann demnach ein Arbeitnehmer an anderer Stelle des Betriebes weiter beschäftigt werden, darf er nicht betriebsbedingt die Kündigung erhalten. Dabei muss der Arbeitgeber ihm auch Beschäftigungsalternativen mit deutlich niedrigerem Lohn anbieten.

Abstieg statt Kündigung

Im verhandelten Fall war ein Mitarbeiter bisher im Produktionsbereich beschäftigt. Betriebsbedingt musste ihn der Arbeitgeber entlassen. Eine mögliche offene Stelle als Pförtner bot er dem Mitarbeiter nicht an. Diese Stelle war um mehrere Entgeltgruppen niedriger vergütet als der bisherige Arbeitsplatz des Mannes. Er klagte gegen die Kündigung und gab an, dass er weiter in dem Betrieb beschäftigt werden könnte.

Die Klage hatte Erfolg. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung liegt nach Auffassung der Richter nur dann vor, wenn der Arbeitgeber die Mitarbeiter nicht anderweitig beschäftigen kann. Der Arbeitgeber muss von sich aus dem Arbeitnehmer jede zumutbare Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz anbieten. Dies gelte auch in diesem Fall. Dem Mitarbeiter des Produktionsbereiches hätte auch die Stelle des Pförtners angeboten werden können und müssen.

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