
Insolvenz des Arbeitgebers – was nun?
Die Eingriffe des Staates in die Wirtschaft waren in Zeiten der Pandemie massiv. Der erleichterte Zugang zur Kurzarbeit und die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht waren dafür beredte Beispiele. Bis heute sind sich viele Unternehmer nicht mehr sicher, ob und wann sie eine mögliche Insolvenz ihres Unternehmens beantragen müssen. In normalen Zeiten waren es vor allem das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger, die derlei Anträge bei Auffälligkeiten stellen. Doch diese verharrten lange im Dauer-Stundungs-Modus, um die staatlichen Hilfsmaßnahmen nicht zu torpedieren.
Das alles hat dazu geführt, dass die Anträge auf Insolvenz von Unternehmensseite lange rückläufig gegenüber den Vorjahren waren. Doch dieser Zustand war und ist trügerisch. Wurden doch so künstlich Unternehmen am Leben erhalten, die sonst bereits die Arme zur Hilfe hätten heben müssen. Experten schätzen, dass die Insolvenzanträge im Laufe des Jahres massiv zunehmen werden und auch die Größenordnungen erhebliche Unsicherheiten am Markt auslösen, so wie zuletzt das Verfahren um den Handelsriesen Galeria Kaufhof. Betroffen sind auch hier wieder viele Beschäftigte, deren Zukunft nun eine erhebliche Delle erleben könnte. Vor allem für das laufende Jahr wird ein deutlicher Anstieg der Firmeninsolvenzen erwartet, so die Prognose einiger Kreditversicherer.
In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, einmal etwas genauer auf die Auswirkungen einzugehen, die von einer Insolvenz betroffene Arbeitnehmer erwartet. Zwar müssen hier ein paar Grundsätze beachtet werden, aber insgesamt ist vor allem ihr finanzieller Schutz ganz verlässlich geregelt.
Arbeitsvertrag in der Insolvenz
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat erst einmal keine direkten Auswirkungen auf die laufenden Arbeitsverträge. Gemäß § 108 Absatz 1 InsO behalten alle Arbeitsverhältnisse ihre Gültigkeit. Jeder Vertragsteil hat also auch weiterhin das jeweils Geschuldete zu leisten, der eine die Arbeit, der andere die Vergütung. Ist der Arbeitgeber inzwischen schon mit Zahlungen im Rückstand, so muss man trotz Insolvenz die allgemeinen Regeln einhalten. Die Ansprüche sind schriftlich anzumahnen, eine Verweigerung der Arbeitsleistung kommt erst bei erheblichem Zahlungsrückstand in Frage.
Auch der gesetzliche Kündigungsschutz bleibt weiter bestehen. Dabei hat der zuerst vom Gericht eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter immer zuerst die Vermögenswerte des Unternehmens zu sichern und damit die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren zu schaffen. Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen gehört in der Regel nicht zu seinen Aufgaben. Erst nach diesen Sicherungsmaßnahmen kommt es zum Einsatz des tatsächlichen Insolvenzverwalters, der auch mit dem vorläufigen identisch sein kann. Dieser erst ist zu Kündigungen berechtigt.
Um das Insolvenzverfahren zeitlich nicht zu sehr zu dehnen und um vor allem auch die Vermögensmasse zu schonen, gelten aber im Insolvenzverfahren relativ kurze Kündigungsfristen von maximal 3 Monaten. Auch der Kündigungsschutz für besondere Personengruppen spielt dabei keine Rolle. Die Insolvenz selbst ist allerdings kein Kündigungsgrund. Hierzu bedarf es der Angabe anderer Gründe, das wiederum gestaltet sich manchmal schwierig. Vor allem wenn es zu (teilweisen) Verkäufen und Betriebsübergängen im Rahmen des Insolvenzverfahrens kommt. Im Übrigen spielt die Sozialauswahl im Rahmen der Kündigungen eine große Rolle, sind diese doch oft betrieblich begründet. Bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit steht der Weg über die Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht natürlich weiter jedem Beschäftigten offen. Wichtig in diesem Zusammenhang aber ist die Einhaltung der Drei-Wochen-Frist.
Insolvenzgeld und Beantragung
Die Stellung als finanzielle Anspruchsberechtigte ist für Beschäftigte des insolventen Unternehmens eine bevorrechtigte gegenüber anderen Gläubigern. Vor allem die Bedeutung des Insolvenzgeldes ist dabei hervorzuheben, sichert es doch die Lohn- und Gehaltsansprüche der letzten 3 Monate vor dem Insolvenzereignis.
Mit diesem Ereignis ist die Eröffnung des Insolvenz-Verfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers, die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Verfahrens mangels Masse oder die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland gemeint, falls dabei der Insolvenz-Antrag unterbleibt. Doch für die Zahlung des Insolvenz-Geldes durch die Bundesagentur für Arbeit ist ein entsprechender Antrag erforderlich. Dieser erfolgt am besten schriftlich unter Nennung des insolventen Arbeitgebers. Dafür gibt es gesonderte Vordrucke, die derlei Formalität erleichtern.
Allerdings ist dabei eine Ausschlussfrist zu beachten, die sich aus § 324 Absatz 3 SGB III ergibt. Hiernach hat man für den Antrag auf Insolvenz-Geld nur 2 Monate nach dem Ereignis Zeit. Wird diese Frist versäumt, so führt das grundsätzlich zum Verlust des Anspruchs auf Insolvenzgeld.
Für die Zahlung des Insolvenzgeldes wird nicht vorausgesetzt, dass das Beschäftigungsverhältnis zum Zeitpunkt der Insolvenz noch fortbestanden hat. Auch wenn der Arbeitsvertrag bis zu sechs Monate vor dem Ereignis beendet worden ist und noch ein Zahlungsrückstand des Arbeitgebers existiert, kann der Antrag auf Insolvenzgeld gestellt werden.
Da die Fremdanträge in Deutschland seit vielen Monaten gegen Null tendierten, ist aber die Gefahr groß, dass sich vor allem viele kleinere Betriebe still und leise vom Markt verabschieden. Dann kann es schwer werden, die aufgelaufenen Ansprüche noch geltend zu machen. In den Genuss des Insolvenz-Geldes kommen diese Betroffenen meist nicht mehr.
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