Auch die Kritik am Chef hat ihre Grenzen
Nicht immer ist im Job eitel Sonnenschein. Manche Tage sind einfach zum Vergessen: Alles misslingt, Kollegen nerven und der Chef macht Dauerdruck. Da kann einem schon mal der Kragen platzen. Vor allem dann, wenn man sich als Sündenbock fühlt. Doch wie ist das mit der Kritik, noch dazu am Chef? Schließlich ist er ja auch nur ein Mensch.
Oft wird mit dem Recht auf Meinungsfreiheit argumentiert. Darunter soll dann alles einzusortieren sein, was sich an mehr oder minder gewichtigen Ausdrücken Bahn bricht. Schließlich ist die Meinungsfreiheit verfassungsrechtlich geschützt. Dies findet sich in Artikel 5 des Grundgesetzes mit der Formulierung: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern “. Ihre Grenzen findet die Meinungsfreiheit in den allgemeinen Gesetzen, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
Meinung oder Tatsachenbehauptung?
Das Verfassungsgericht grenzt dabei den Begriff der Meinung von der Tatsachenbehauptung ab, als eine im Werturteil zum Ausdruck kommende eigene Stellungnahme, die auf andere wirken soll. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass die Tatsachenbehauptung nach den Maßstäben „wahr“ oder „unwahr“ gemessen werden kann.
Das Werturteil hingegen stellt eine bloße Meinungsäußerung dar, die keinem Beweis zugänglich ist. Dabei darf eine Meinungsäußerung nicht beleidigend sein und andere Personen auch nicht herabwürdigen. Die Rechtsprechung spricht in diesem Zusammenhang von „Schmähkritik“, die nicht der sachlichen Auseinandersetzung dient, sondern die genannte Person kränken und diffamieren soll. Die Grenze zur Beleidigung ist also fließend. Nicht jede als Kritik formulierte Äußerung ist demnach akzeptabel.
In der täglichen Praxis am Arbeitsplatz sind diese feinen Grenzen oft überschritten, wenn im Eifer des Alltags die Fetzen fliegen, deftige Kraftausdrücke inklusive. Das ist dem Betriebsklima nicht sonderlich förderlich, Beleidigungen sind hier mehr die Regel als die Ausnahme. Doch für arbeitsrechtliche Konsequenzen reicht das trotzdem oft nicht, auch wenn der Chef selbst beleidigt betroffen ist.
Kritik muss im Rahmen bleiben
Nicht jede juristisch formale Beleidigung rechtfertigt automatisch eine Abmahnung oder gar eine fristlose Kündigung. Vor allem sind es auch die branchentypischen Umgangsformen, die das Gesagte klassifizieren. Auf dem Bau herrscht typischerweise ein anderer Ton als im Büro. Zusätzlich ist es auch von Bedeutung, ob die geäußerte Kritik öffentlich oder hinter verschlossenen Türen vorgebracht worden ist. Wer den Chef unter vier Augen verbal angreift, ist in jedem Fall loyaler als derjenige, der den Mail-Verteiler benutzt.
Natürlich darf ein Angestellter seinen Chef auch öffentlich kritisieren. Das muss sich aber im sachlichen Rahmen halten und darf keinesfalls das Ansehen des Chefs in der Öffentlichkeit negativ beeinflussen. Entscheidend ist dabei die damit verbundene Störung des Arbeitsverhältnisses. Hier wäre eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt, wenn der Betriebsfrieden aufgrund einer negativen Äußerung gestört wäre oder das vertragliche Vertrauensverhältnis. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Beleidigung des Chefs vor reichlich Publikum ausgesprochen wird.
Doch nicht nur die emotionale Situation wird zu berücksichtigen sein, sondern auch, ob der Arbeitgeber vielleicht selbst den Mitarbeiter unsachlich angegriffen hat. Die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und einer Beleidigung ist immer dann überschritten, wenn es nicht mehr um die Sache geht, sondern der Gesprächspartner deutlich diffamiert werden soll.
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Bildquelle: mary1826 – pixabay.com/de/kampf-kontroverse-konflikt-%C5%93il-2134407/