Formfehler: Wenn zur Kündigung die Vollmacht fehlt
Jedes Beschäftigungsverhältnis basiert bei seinem Beginn auf übereinstimmenden Willenserklärungen aller Beteiligten. Bei der Beendigung ist diese Übereinstimmung nicht erforderlich. Doch es bleibt natürlich auch dann dem freien Willen jedes einzelnen überlassen, vom Recht zur Kündigung des Arbeitsvertrages Gebrauch zu machen. Ob der freie Wille sich dabei letztlich aber auch als umsetzbares Recht erweist, das bleibt oft fraglich und nicht selten der Enscheidung eines Gerichts überlassen.
Zahlenmäßig überwiegt in der Praxis alljährlich die Kündigung des Arbeitgebers. Damit kann man sich dann einfach abfinden oder aber auch dagegen vorgehen. Um eine Kündigung mit Erfolg zu Fall bringen zu können, sucht man in der Regel zuerst nach Formfehlern. Diese lassen sich in der Mehrzahl ausgesprochener Kündigungen finden. Ein wichtiges Indiz formeller Gültigkeit ist auf jeden Fall die Vollmacht, mit der das Ganze erklärt und unterzeichnet wird.
Denn in größeren Unternehmen gibt es den Arbeitgeber in der Regel als Person so nicht. Die Unterschrift unter der Kündigung stammt dort oft von einem Vorgesetzten oder von einem Mitarbeiter der Personalabteilung. Doch wenn dieser den Arbeitgeber rechtlich gar nicht vertreten darf, ist die Kündigung insgesamt unwirksam. Unterschreiben darf die Kündigung also nur derjenige, der eine Vertretungsmacht besitzt. Eine solche wird durch Erteilung einer entsprechenden Vollmacht auf einen in der Regel sehr begrenzten Personenkreis übertragen.
Eine Vollmacht kann grundsätzlich formlos erteilt werden.
Jedoch kann der Arbeitnehmer eine Kündigung zurückweisen, wenn ihm bei Ausspruch der Kündigung keine entsprechende Vollmachtsurkunde des Unterzeichnenden im Original vorgelegt wird. So bestimmt es § 174 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der Empfänger der Kündigung soll immer Gewissheit haben, ob er die Kündigung auch gegen sich gelten lassen muss. Ist die Zurückweisung wegen Zweifeln an der Vertretungsmacht unverzüglich erfolgt, so ist die Kündigung unwirksam. Dieser Fehler kann auch nicht durch nachträgliche Genehmigung des Handelns oder durch Nachreichen einer Vollmacht aus der Welt geschafft werden. Der Arbeitgeber muss neu kündigen.
Publizität oder Kenntnis als Alternative
Die Pflicht zur Vorlage einer Vollmacht entfällt allerdings dann, wenn der Arbeitnehmer die Berechtigung zur Vertretung kennt. Auch eine entsprechende Eintragung im Handelsregister ersetzt die Vollmacht. Keine Vollmacht benötigen natürlich die Inhaber einer Einzelfirma oder die Geschäftsführer einer GmbH. Sie vertreten das Unternehmen kraft Gesetzes. Allerdings ist es gerade bei GmbH’s üblich, zusätzlich Prokuristen zu berufen. Ob deren alleinige Vertretungsmacht besteht oder sogar die alleinige Vertretungsmacht des Geschäftsführers eingeschränkt ist, ergibt sich allein aus dem Handelsregister.
Dort sind entsprechende Vertretungsregelungen dokumentiert, die natürlich auch bei Kündigungen des Unternehmens zu beachten sind. Im Handelsregister steht allerdings nichts über die Vollmacht eines Personalleiters. Da diese aber oft bei Kündigungen für das Unternehmen handeln, könnten hier Bedenken auftreten. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu mehrfach entschieden, dass ein Personalleiter schon durch die Position selbst über die Berechtigung zur Kündigung verfügt. Dafür muss der die Kündigung unterzeichnende Personalleiter aber auch für den betreffenden Standort zuständig sein und zwingend selbst dem Unternehmen angehören. Gerade in den letzten Jahren sind in vielen Unternehmen die personaladministrativen Aufgaben ausgelagert worden. Insofern lohnt der Blick auf Details.
Auch sogenannte Handlungsbevollmächtigte, wie Filialleiter oder Abteilungsleiter, sind, im Unterschied zu Prokuristen, nicht im Handelsregister eingetragen. Sie sind auch nicht für alle möglichen Geschäfte und Handlungen vertretungsbefugt, sondern nur für einzeln definierte Aufgaben. Die Berechtigung zur Kündigung müsste einer solchen Person also ausdrücklich übertragen sein. Der Nachweis darüber muss, falls nicht allgemein bekannt, als Beweis der Vertretungsmacht jeder Kündigung beigefügt werden.
Der Blick auf die Unterschrift beim Erhalt einer Kündigung ist also ein Muss.
Viele Unternehmen nehmen das nicht so genau und unterschätzen das Risiko formaler Fehler. Wer hier genau prüft und auch bei begründeten Zweifeln die Kündigung zurückweist, hat gute Karten bei der Verhandlung über eine Abfindung. Denn die begründet zurückgewiesene Kündigung müsste sonst noch einmal wiederholt werden, einschließlich neuer Frist.
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