
Ausbildungssuche als Spiegelbild der Gesellschaft
Das Dilemma wiederholt sich seit Jahren, Abhilfe ist leider nicht in Sicht:
Die erfolgreiche Ausbildungssuche gelingt immer weniger. Die Zahl unbesetzter Lehrstellen steigt von Jahr zu Jahr. Parallel dazu wächst das Heer unversorgter Bewerber rasant an. Die Säge klemmt also gewaltig, vor allem in Mittelstand und Handwerk. Dabei ist die Thematik des Fachkräftemangels in aller Munde.
Doch trotz großspuriger Versprechen der Politik und trotz Schaffung ständig neuer Bündnisse, die Situation am Ausbildungsmarkt ist keinen Deut besser geworden. Die Ausbildungssuche und die Rekrutierung des dringend benötigten Nachwuchses scheinen komplett verschiedene Wege zu gehen.
Dann gesellten sich zur ohnehin miesen Entwicklung am Ausbildungsmarkt auch noch viel größere Probleme hinzu: erst die Corona-Pandemie, dann die Krisen am Energiemarkt. Die Auswirkungen machen vor allem auch latente Probleme in der Wirtschaft noch einmal um Stufen schlimmer. Bei vielen Betrieben stehen die Zeichen für eine auskömmliche Zukunft nicht mehr gut, die Pleiten sind vorprogrammiert. Da können auch Entlastungspakete nicht mehr viel helfen und den Zeitpunkt des endgültigen Scheiterns nur hinausschieben.
Natürlich bringt das dem Ausbildungsmarkt keine positiven Effekte. Vielerorts ist die Nachwuchssicherung jetzt schon auf Eis gelegt. Zwar versucht man seitens der Politik mit finanziellen Unterstützungen dem Ganzen Einhalt zu gebieten. Doch allein mit Symptombekämpfung kann ein seit Jahren krankendes System insgesamt nicht gerettet werden. Immerhin schleppt der Ausbildungsmarkt eine jährlich anwachsende Hypothek unversorgter Bewerber mit sich herum. Inzwischen sind es fast 200.000 Jugendliche, die mit ihrer Suche nach einer Lehrstelle bisher ohne Erfolg geblieben sind.
Da läuft schon lange viel zu viel gehörig schief.
Obwohl sich das Angebot an Ausbildungsplätzen in den letzten Jahren erhöht hat, sinkt die Zahl der Ausbildungsverträge. Viele Arbeitgeber sprechen dem Gros der Bewerber inzwischen jeglichen eigenen Antrieb ab. Nach Ansicht der Betriebe fehlt es zunehmend an Motivation, nötiger Reife und altersgerecht ausreichenden Kenntnissen. Die Qualität der Bewerbungen nimmt nach ihrer Ansicht Jahr für Jahr weiter ab. Ein teuflischer Kreislauf aus hilflosen Bewerbungen und deutlichen Absagen beginnt, ohne dass er ernsthaft durchbrochen würde.
Das eigentliche Problem wird viel zu selten erkannt und zwar rechtzeitig.
Die Ausbildungssuche läuft heute in der Regel nach Aspekten des Mainstreams. Nur rund 12 Prozent aller Möglichkeiten des Ausbildungsmarktes werden durchschnittlich von den Bewerbern genutzt. Dass dabei die Zeugnisbesten zuerst Berücksichtigung finden, möglichst noch mit einem ansprechenden Abitur, das ist inzwischen die Regel. Hinzu kommen die auch jährlich auf den Ausbildungsmarkt drängenden Studienabbrecher in nicht zu unterschätzender Zahl. Da bleibt für mäßige und schlechte Abgangszeugnisse aus dem Schulbetrieb wenig an Chancen übrig.
Natürlich ist es bei Praktikern umstritten, ob spätere berufliche Leistungen tatsächlich mit den schulischen Ergebnissen vergleichbar sind. Schließlich gibt es viele junge Menschen, die sich besser praktisch als theoretisch entwickeln und ihr wirkliches Potenzial erst im fordernden beruflichen Alltag entwickeln. Auch dafür müssen Chancen geboten werden. Doch auch die gibt es und sie zu finden, ist so schwer nicht. Allein ein Blick auf die Größenordnung beruflicher Möglichkeiten am Ausbildungsmarkt lässt die Dimension erahnen.
Immerhin gibt es in Deutschland immer noch 326 staatlich anerkannte Ausbildungsberufe. Da ist für jeden etwas dabei.
Gerade die sogenannten kurzen Ausbildungsberufe, die nur bis zu einer maximalen Dauer von zwei Jahren konzipiert sind, bieten vor allem überwiegend praktisch veranlagten Bewerbern überaus große Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Die Theorie ist in diesen Ausbildungsgängen auf ein Mindestmaß zusammenschrumpft. Auch die Anzahl der Bewerber bleibt hier deutlich übersichtlicher und die Erwartungshaltung der Ausbilder ist entsprechend angepasst,
Im Anschluss an solch kurze Ausbildung eröffnet sich für jeden Lehrling die Möglichkeit, in der gewählten Fachrichtung einen vollwertigen Ausbildungsberuf, unter Anrechnung des Erstberufes, zu erlernen. Damit wäre die ursprüngliche Benachteiligung aus dem Schulabschluss wettgemacht und das Argument fehlender Ausbildungsreife endlich auch entkräftet.
Wer sich also ernsthaft mit den Angeboten des Ausbildungsmarktes beschäftigt und seine eigenen Möglichkeiten damit realistisch abgleicht, der kann seine Ausbildungssuche durchaus optimieren und die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Bewerbung erheblich steigern.